BGH hält Extra-Gebühr oder Darlehensgebühr für Bausparer für unzulässig

 

Wegen drohender Verjährung, insbesondere der Verträge aus dem Jahr 2013 und 2006 ist Eile vor dem Jahreswechsel 2016/2017 geboten

 

 

BGH: Urteil vom 8. November 2016 - XI ZR 552/15 

 

 

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 02.11.2015, Az. XI ZR 552/15 entschieden, dass eine vorformulierte Bestimmung über eine "Darlehensgebühr" bzw. Extra-Gebühr in Höhe von 2 Prozent der Darlehenssumme in Bausparverträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmern unwirksam ist.

 

Geklagt hatte ein Verbraucherschutzverband, der sich mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG gegen eine in den Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (ABB) der beklagten Bausparkasse Schwäbisch Hall enthaltene Klausel, wonach mit Beginn der Auszahlung des Bauspardarlehens eine "Darlehensgebühr" in Höhe von 2 Prozent des Bauspardarlehens fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen wird (§ 10 ABB). 

 

Die Regelung der Bausparkasse Schwäbisch Hall lautete wie folgt:

 

„§ 10 Darlehensgebühr

 

Mit Beginn der Darlehensauszahlung wird eine Darlehensgebühr in Höhe von 2 % des Bauspardarlehens - bei der Wahl gemäß § 9 Abs. 3 vor Abzug des Disagios - fällig und dem Bauspardarlehen zugeschlagen (Darlehensschuld).“

 

Der Kläger ist der Ansicht, die angegriffene Klausel über eine Darlehensgebühr bzw- Extragebühr verstoße gegen § 307 BGB, und nimmt die Bausparkasse darauf in Anspruch, die Verwendung der Klausel gegenüber Verbrauchern zu unterlassen. 

 

Der Bundesgerichtshof entschied, dass es sich bei der "Darlehensgebühr" um eine gerichtlicher Klauselkontrolle unterliegende sogenannte Preisnebenabrede der Bausparkasse Schwäbisch Hall handelt. Die Klausel ist dahingehend zu verstehen, dass mit der Gebühr keine konkrete vertragliche Gegenleistung bepreist wird. Vielmehr dient die Gebühr der Abgeltung von Verwaltungsaufwand der Bausparkasse Schwäbisch Hall, der für Tätigkeiten der Bausparkasse Schwäbisch Hall im Zusammenhang mit den Bauspardarlehen anfällt. 

 

Damit weicht die Klausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Denn zum einen wird mit dieser Gebühr ein Entgelt erhoben, das abweichend vom gesetzlichen Leitbild für Darlehensverträge, das nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB einen laufzeitabhängigen Zins vorsieht, nicht laufzeitabhängig ausgestaltet ist. Dieses Leitbild ist entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts auch für Bauspardarlehensverträge maßgeblich. Zum anderen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung unvereinbar, wenn Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abgewälzt wird, zu denen der Verwender gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt. Das aber sieht die angegriffene Klausel der Bausparkasse vor.

 

Diese Abweichungen der Klausel von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung benachteiligen die Vertragspartner der Bausparkasse unangemessen. Insbesondere wird die Gebühr nicht im kollektiven Gesamtinteresse der Bauspargemeinschaft erhoben, da sie keinen Beitrag zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Bausparwesens leistet. Die Darlehensgebühr wird auch nicht durch Individualvorteile für Bausparkunden, wie z.B. günstige Darlehenszinsen, ausgeglichen, da diesen bereits nicht unerhebliche Nachteile, etwa eine Abschlussgebühr, gegenüberstehen.

 

 

Anmerkung Dr. Sven Claussen:

 

2014 kippte der BGH Bearbeitungsentgelte für Kredite. Viele Bankkunden konnten sich ihr Geld zurückholen. Nun hat der Bundesgerichtshof die Darlehensgebühr bei Bausparverträgen für unzulässig erklärt.

 

Bausparer, die für die Nutzung ihres Darlehens eine Gebühr gezahlt haben, dürfen darauf hoffen, ihr Geld erstattet zu bekommen.

 

Gute Chancen haben daher Kunden mit einem Bausparvertrag Vertrag, die ihr Darlehen erst beantragen wollen oder die Gebühr vor nicht allzu langer Zeit gezahlt haben. Unzulässige Klauseln gab es noch recht lange bei Wüstenrot und einigen Landesbausparkassen. Wie viele das sind, ist unklar. Wer von seiner Bausparkasse Geld zurückfordern kann, hängt von den Verjährungsfristen im konkreten Fall ab. Bei den Bearbeitungsentgelten für Kredite haben sehr viele Bankkunden die Verjährungsfristen verpasst.

 

Die Frage der Verjährungsfrist ist noch nicht eindeutig geklärt, Kunden, die ihr Bauspardarlehen 2013 abgeschlossen haben, dürften mit großer Sicherheit einen nicht verjährten Erstattungsanspruch haben. Es ist jedoch wichtig, dass diese sich vor dem 31.12.2016 an einen Rechtsanwalt wenden.

 

Die Frist kann jedoch auch bis zu zehn Jahre zurückreichen, so dass die Gebühr bei Bausparverträgen aus dem Jahr 2006 noch zurückgefordert werden könnte. Dies hatte der BGH im Oktober 2014 im Fall unzulässiger Kreditgebühren entschieden. Er entschied, dass die Verjährung bis zu 10 Jahre beträgt (und drei Jahre ab möglicher Kenntnis von dem aufklärenden BGH-Urteil), wenn die Rechtslage selbst für Juristen unsicher war und Urteile Rückzahlungsforderungen zuvor verwehrt hatten. In solchen Fällen kann Verbrauchern nicht zugemutet werden, innerhalb der kurzen Verjährung von drei Jahren Klage zu erheben.

 

Gern unterstützen wir Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche.