BGH, Urteil vom 22.01.2015

 

Az.  VII ZR 87/14

 

HGB § 87 Abs. 1

 

 

 

 

 

Für die Frage, für welche Geschäfte der Handelsvertreter eine Provision erhalten soll und auf welchen Zeitpunkt es für das Entstehen des Provisionsanspruchs ankommt, ist die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung (hier im Zusammenhang mit Serienbelieferungsverträgen in der Automobilindustrie) maßgeblich.

 

 

 

Der Kläger nimmt die Beklagte nach beendetem Handelsvertretervertrag auf Zahlung restlicher Provision für den Monat August 2010 in Anspruch.

 

 

 

Geschäftsgegenstand der Beklagten ist u.a. die Herstellung von und der Handel mit Kunststoffteilen, mit denen sie Automobilhersteller beliefert. Der Kläger war aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Handelsvertretervertrags vom 20.01.2007 als Handelsvertreter für die Beklagte tätig und vertrat diese gegenüber der B. AG.

 

 

 

In "§ 2 Provision" des Vertrages war Folgendes vereinbart:

 

 

 

"Der Handelsvertreter erhält von dem Unternehmen eine Provision von 1,0 % bis zu einem Jahresumsatz von 12 Mio. € 0,7 % von dem 12 Mio. € Jahresumsatz übersteigenden Betrag bis zu einem Jahresumsatz von 25 Mio. € 0,5 % von dem 25 Mio. € übersteigenden Jahresumsatz. Der Mindestprovisionsanspruch beträgt 120.000,00 € pro Jahr, zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer und ist zahlbar in monatlichen Teilbeträgen von 10.000,00 €.“

 

 

 

 

 

Der BGH führt aus, dass nach § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Für die Frage, für welche Geschäfte der Handelsvertreter eine Provision erhalten soll und auf welchen Zeitpunkt es für das Entstehen des Provisionsanspruchs ankommt, ist die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung maßgeblich. Die Vorschrift des § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB ist insoweit dispositiv (vgl. Emde in Staub, Großkommentar HGB, 5. Aufl., 2008, § 87 Rn. 11 f. m.w.N.).

 

 

 

Die zwischen den Parteien geschlossene Provisionsvereinbarung begründet keinen Anspruch auf Zahlung einer Provision allein aufgrund von Serienbestellungen seitens der B. AG, die während der Laufzeit des Handelsvertretervertrags erfolgt sind. Nach dem Inhalt des von den Parteien geschlossenen Handelsvertretervertrags ist das die Provisionsanwartschaft des Klägers nach § 87 Abs. 1 HGB auslösende Geschäft nicht die jeweilige Serienbestellung, sondern der durch den Abruf seitens der B. AG zustande kommende jeweilige Liefervertrag.

 

 

 

So soll dem Kläger von dem 25.000.000 € übersteigenden Jahresumsatz ein Provisionsanspruch in Höhe von 0,5 % zustehen. Die Abhängigkeit des Provisionsanspruchs von dem jeweiligen Jahresumsatz bedeutet, dass die diesen Umsatz auslösenden Geschäfte nach dem Willen der Parteien Grundlage des Provisionsanspruchs sind. Dies sind die jeweils durch die Lieferabrufe der B. AG zustande kommenden Einzellieferverträge. Erst mit diesen und nicht bereits mit der von der B. AG aufgegebenen Serienbestellung wird der für den Provisionsanspruch nach dem Vertrag maßgebliche Umsatz generiert.

 

 

 

BGH vom 7.12.2009 - II ZR 229/08 -

HGB § 25 Abs. 1

 

Eine Unternehmensfortführung i.S. von § 25 Abs. 1 HGB liegt auch dann vor, wenn nur ein Teilbereich des Unternehmens fortgeführt wird, sofern es sich aus der Sicht des maßgeblichen Rechtsverkehrs um den - den Schwerpunkt des Unternehmens bildenden - wesentlichen Kernbereich handelt.

 

 

Für die Frage, ob der wesentliche Kernbereich eines Unternehmens fortgeführt wurde, kommt dem Wert der Unternehmensteile maßgebliche Bedeutung zu.

 

Das Berufungsgericht hatte den Geschäftsbereich "Adressen" nicht als „den wesentlichen Kern des Unternehmens“ angesehen und damit die Anforderungen überspannt. Die Klägerin hatte vorgetragen, dass es sich bei diesem Bereich des Direktmarketing regelmäßig um den "Ertragsträger" des Unternehmens handele, mit dem die Gewinne erwirtschaftet würden, und hatte für diese Behauptung Sachverständigenbeweis angeboten.

Nach dem BGH hatte die Klägerin ihrer Darlegungslast bereits genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genüge das Parteivorbringen diesen Anforderungen, könne der Vortrag weiterer Einzelheiten nicht verlangt werden. Es sei vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten, dabei ggf. die benannten Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen bzw. einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten.